Ziemlich beste Freunde: Atemübungen für das Lymphsystem

Richtiges Atmen bewirkt auf körperlicher und seelischer Ebene viel Gutes. Falsches Atmen blockiert – das erfuhr ich schmerzlich nach drei Operationen und Bildung von Lymphödemen an Bauch und Oberschenkeln. Zusätzlich zur Manuellen Lymphdrainage bekomme ich immer noch Logopädie zur Sprach- und Atemstabilisation, damit ich durch Atemübungen sprichwörtlich wieder tief durch-, Schmerzen wegatmen und ohne zu schnelle Erschöpfung sprechen und singen kann.

Vorab: Natürlich sind Manuelle Lymphdrainage durch Physiotherapeuten und das Tragen der Kompressionsversorgung sehr wichtig. Holt Euch bei der nächsten MLD weitere Ratschläge vom Fachmann – ich möchte und darf Euch hier nur Anregungen geben und das Thema nahebringen.

Da das Lymphsystem selbst keinen eigenen Antrieb hat, ist es wichtig, den Lymphfluss bei Lip- und Lymphödem durch regelmäßige Bewegung und die richtige Atmung zu aktivieren. Der Reinigungsprozess und Fluss der Lymphe können dadurch beschleunigt werden.

Atemübungen – Ausgangsposition

Sucht Euch ein ruhiges Plätzchen – warum, das werdet Ihr merken … zu Anfang vielleicht vor einem Spiegel. Toll ist es, wenn Ihr Euch mit einer Freundin zusammentut und Euch gegenübersetzt – dann habt Ihr gleich auch was zu Lachen!  Rücken gerade aufgerichtet mit leicht nach hinten gekipptem Becken, die Fußsohlen fest auf dem Boden, Beine etwas über Hüftbreite auseinander: ein Bauch braucht Platz! Achtet darauf, nicht zu tief zu sitzen: der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel sollte über 90 Grad betragen, damit die Durchblutung und der Lymphfluss nicht beeinträchtigt sind. In einigen Übungsanleitungen heißt es, dass solche Atemübungen auch im Liegen durchgeführt werden können, aber ich bevorzuge zur bewussten Wahrnehmung und zur Unterstützung des Lymphflusses die aufrechte Haltung im Sitzen. Die Schwerkraft unterstützt dabei das Zwerchfell.

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Kathrin Knaack und Andreea Bucur, Reha-Trainerinnen des Lifeforce- Fitness-Studios Blaufelden

Übung 1:

Seht auf Eure Nase, bewegt sie: Schnüffelt ruckartig beim Einatmen wie ein Hase, atmet langsam mit Lippenbremse aus und beobachtet, welche Region des Bauchs sich dabei bewegt. Wenn Ihr die Schultern bewusst nach unten zieht, bewegt sich der Bauch und die Brust bleibt ziemlich ruhig. Das regt das Zwerchfell an!

Übung 2:

Dann versucht, die Nasenflügel zu verengen, laaangsam und gaanz tiiief einzuatmen – was beobachtet Ihr bei Euch? Falls Ihr dabei unwillkürlich die Schultern hochzieht, dann nutzt Ihr nur den Brustraum. Mehr Atemvolumen habt Ihr, wenn Ihr Euch vorstellt, in den unteren Bauch hineinzuatmen. Legt dazu beide Handflächen in Bauchnabelhöhe auf den Bauch und spürt, wie er sich dann weit nach vorne wölbt. Beim Ausatmen versucht, den Bauch aktiv einzuziehen, zuletzt noch ein bisschen mit den Bauchmuskeln nachdrücken – gerne dabei auch wieder die Handflächen zum besseren Spüren auch den Bauch legen. Und: Unbedingt MIT Kompression, auch wenn die Strumpfhose bis unter die Brust reicht – das schadet überhaupt nicht!

Übung 3:

Schenkt Eurem Körper noch mehr Freiraum zum Atmen, indem Ihr die Arme hochnehmt und Euch nach oben streckt. Greift mit den Händen dann weit nach rechts und links und nehmt den Oberkörper dabei mit, wiegt Euch hin und her. Wichtig: Hände weit öffnen und Finger spreizen. Ihr werdet feststellen, dass Ihr nach kurzer Zeit GÄHNEN müsst, denn Händespreizen und Fingerstrecken regen das Atemzentrum an!

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Andreea Bucur, Reha-Trainerinnen des Lifeforce- Fitness-Studios Blaufelden

Übung 4:

Nächster Schritt: Steht auf und dehnt Euch weiter abwechselnd mit den Händen nach oben, zu den Seiten und dann auch mal nach unten. Pendelt tief und locker nach unten mit dem Oberkörper und gebt auch in den Knien weich nach. Fest vorgegebene Bewegungsmuster gibt es nicht.

Wie steht Ihr da: Mit beiden Beinen gleichzeitig fest auf dem Boden  und gerade, oder wechselt Ihr das Gewicht von einem Fuß auf den anderen? Das wäre prima, denn wenn man nur wie angewurzelt stocksteif gerade steht, dann blockiert diese Haltung das freie Atmen. Durchgedrückte Knie blockieren den Atemfluss! Probiert aus, wie automatisch fließende Bewegungen entstehen beim Recken und Strecken, wenn sich Arme und Beine gegengleich im Wechsel bewegen. Die Dehnungen aktivieren den gesamten Rumpf an Rücken, Flanken, Brust – so wird dem Körper mehr Raum zum Atmen geben.

Übung 5:

Das Gähnen begleitet Euch wahrscheinlich dabei die ganze Zeit, und das ist gewollt und gut so. Beim Gähnen seid Ihr von oben bis unten offen wie ein Kanonenrohr, Atem und Sauerstoff durchfluten Euch regelrecht. Noch eine Steigerung: Lacht! Und wenn Euch grad nicht danach ist, versucht wenigstens ein Lächeln! Seht dazu mal auf Youtube den Ausschnitt an über das Grinsen aus dem Vortrag von Vera Birkenbihl „Humor im Alltag“- Lachflash garantiert! Mindestens 60 Sekunden breit grinsen signalisieren dem Hirn Entspannung und schenken dem Organismus Mini-Erholung.

Übung 6:

Mit einfachen Hilfsmitteln könnt Ihr periphere Atemreize an den Händen auslösen, zum Beispiel mit einem langen Kaminstreichholz. Nehmt es zwischen die Handflächen und reibt bzw. rollt es hin- und her. Es kann auch ein anderer dünner Gegenstand sein – wichtig ist: er darf nicht rund sein, sondern sollte eckig sein und den Handflächen Widerstand bieten. Mit einem Igelball klappt es auch.

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Übung 7:

Das Beste kommt zum Schluss (Ihr merkt: Mein Lieblingsfilm Nr. 2)

Spielt Euer Lieblingslied laut ab und bewegt Euch im Raum dazu – so, wie Euch gerade zumute ist! Noch besser: SINGT mit! Der Text muss nicht stimmen, Ihr könnt auch „Tönen“, irgendwelche Laute und Vokalisen von Euch geben – Hauptsache: Stimme macht die Bewegungen mit. Noch anders ausgedrückt im Sinne des Lymphflusses: EURE LIEBLINGSMELODIE BEWEGT EUCH!

Es muss nicht DIE große Sportart sein. Auch durch kleine Maßnahmen im Alltag können wir den Lymphfluss um bis zu das Zehnfache beschleunigen und spürbare Veränderungen in Gang setzen. Schenkt Euch 5 Minuten ohne Krise auf den Tag verteilt durch Lachen und Tanzen!

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Kathrin Knaack, Andreea Bucur (Reha-Trainerinnen des Lifeforce- Fitness-Studios Blaufelden) und Ursula Thomé

Der Workshop von Astrid Nehls, Fachlehrerin für Physiotherapie am Berufskolleg Waldenburg e.V. am Patiententag der 1. Lip- & Lymphtage am 8.11.2019 in Waldenburg trug diesen genialen Titel aus der Überschrift, und ich habe Euch hier das dort Gelernte zusammen mit meinen persönlichen Trainingsprogramm aus Logopädie und Yoga/Pilates vorgestellt. Ich schreibe, wie mir der Schnabel gewachsen ist und ich auch früher in meinen Stunden gesprochen habe und hoffe, Ihr könnt es nachvollziehen. Natürlich freue ich mich immer über Rückmeldungen – also haut Kommentare raus! Bewegung und Atmung waren und sind mein Thema seit 40 Jahren als Leiterin für Tanz- und Rehasportkurse, aber ich lerne auch immer noch dazu.

Viel Spaß und Erfolg wünscht Euch

Eure Ursula

ursula thomé

Author: Ursula Thomé

Hallo, ich bin Ursula Thomé, geboten 1956. Bei mir entwickelte sich nach Krebsoperationen sekundäres Lymphödem an Bauch, Leiste und Oberschenkel. Ich bin Altphilologin, war Lehrerin und nebenberuflich an Ballettschulen und in Sportstudios tätig. Musik und Sport begleiten mich auch im (Un-)Ruhestand: ich jobbe weiter in einem Fitnessstudio, wo ich Ödempatienten und Rehasportler begleiten kann, und ich stehe weiter am Bass auf der Bühne. Seit 2017 trage ich Kompressionsversorgung. Carolines Blog half mir mit wertvollen Informationen sehr, Hindernisse und Probleme im Zusammenhang mit meinen Ödemen zu meistern. Ich liebe meine farbigen Kompris – am liebsten mit Mustern und Schmuckkristallen in rockigem Outfit (auch offen auf der Bühne). Sie engen mich nicht ein, sondern sie helfen und unterstreichen meine Kleidung und meine Stimmung und ermöglichen mir weiter ein aktives und erfülltes Leben.

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