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Alle sechs Monate werden wir nervös. Eine große Entscheidung steht bevor und wir wollen alles richtig machen. Welche Farben möchte ich in den kommenden Monaten tragen? Welches Muster lasse ich bestellen? Was steht mir am Besten?
Ein schwieriger Gang
Und dann haben wir schon das Schlimmste hinter uns. Das Rezept ist abgeholt, die neuen Maße genommen und wir müssen nur noch auf auf den Farbfächer tippen und bekommen die Kompressionsbestrumpfung, mit der wir uns so richtig wohlfühlen wollen.
„Für Ihre dicken Beine ist das Muster nichts, nehmen Sie lieber schwarz.“
Bäm, mitten ins Gesicht. Aber ich wollte doch Aqua mit Pyramiden haben? Oder vielleicht auch Batik mit Weiß und Purple Space … Darf ich das nicht tragen, wenn ich voluminösere Beine habe? Und bevor man diesen Gedankengang beendet hat, geht man aus der Tür des Sanitätshauses und fühlt in sich eine seltsame Mischung zwischen Unsicherheit und Enttäuschung. Was ist da eben genau passiert? Es war ja eigentlich nur ein nett gemeinter Ratschlag.
Ein sensibler Moment
Sie sind Fachkräfte und normalerweise bestens über die konservative Ödemtherapie informiert. Sie messen regelmäßig die unterschiedlichsten Beine und können auch durch die Betreuung vieler Kunden aus Erfahrung sagen, zu welchen Entscheidungen sie tendenziell neigen. Schwarz und Beige sind natürlich die Renner und passen in jeden Kleiderschrank und für besondere Wünsche wie Farben und Muster haben sie natürlich auch etwas parat.
Aber ist das Gespräch in der Kabine oder am Tresen nicht trotzdem noch ein kritischer Moment, in dem man einmal nachfühlen sollte, was die Kundin wirklich will. Unabhängig von ihrer optischen Ausprägung ist eine farbig auffällige Versorgung vielleicht das letzte kleine Stück Lebensfreude, mit dem sie ihre Beine bedecken kann, die sie so sehr belasten.
Ich plädiere nicht für weniger Meinungsäußerung oder Beratung, sondern vielmehr für mehr Sensibilität im Umgang mit Ödempatienten. Natürlich darf die Fachkraft bedenken äußern, ob die Kundin sich sicher mit ihrer Wahl ist, weil sie sich immerhin ein halbes Jahr an diese Farbe bindet. Nur der Ton macht die Musik und das meist schon angeknackste Selbstbewusstsein kann auch durch so eine Äußerung schon Schaden nehmen.

Tragt, woran ihr Freude habt
Kompression ist am Ende des Tages nicht nur eine medizinische Versorgung, sondern auch Mode. Und Mode soll Spaß machen, ein gutes Gefühl geben und dieses nach außen tragen. Sie strahlt jederzeit den eigenen Geschmack aus, weil man die Kleidung aus dem gleichen Grund ja auch gekauft hat. Wenn euch also etwas gefällt, tragt es. Denn in diesem Moment zählt nicht, ob andere es mögen, sondern nur, ob es dir in diesem Moment etwas Gutes tut. Gibt es dir Selbstsicherheit, fühlst du dich hübsch damit, unterstreicht es deinen Lebensstil, bringt es dir Freude, inspiriert es dich?
Und wenn es gemusterte Kompressionsbestrumpfungen sind, tragt sie! Egal, wie eure Beine aussehen, es ist euer Lebensgefühl und euer Geschmack, mit dem ihr sie kleiden könnt. Und wenn ihr Spaß an Mustern habt, darf euch niemand diesen nehmen. Ich kann verstehen, wenn manche keine zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Beine richten möchte, weil man sie nur schwer erträgt. Es ist nicht einfach, den Hass auf den eigenen Körper zu überhören. Aber wie so oft im Leben lohnt es sich, das Gute im Schlechten zu sehen. Denn bei einer starken Ausprägung fallen die Beine von alleine auf. Die Blicke sind also schon längst passiert. Und wenn ihr euch für eine gemusterte Kompression entscheidet, wird sich an den Blicken nichts ändern, denn die Beine sind die gleichen, ihr hüllt sie nur in euren Geschmack und Selbstverständlichkeit ein. Sie sind immerhin ein Teil von euch, der genau so gut gekleidet sein möchte, wie der Rest eures Körpers auch.
Kommentar aus dem letzten Outfitpost
Inspiriert von Erzählungen aus Selbsthilfegruppen
Die Haltung, die dahinter steht, ist ja dieselbe wie die, die verlangt, dass nur sehr schlanke Frauen figurbetonte Kleidung oder auffällige Farben tragen sollten: Als ob man verpflichtet wäre, einen nicht „perfekten“ Teil seines Körpers nur in Tarnfarben oder am besten mit einem Unsichtbarkeitsmantel zu verbergen.
Ich hatte neulich schon mal in einem Kommentar zu einem anderen Blog über eine Situation geschrieben, in der ein Bekannter die völlig normalen Beine einer Fremden in einem knielangen Rock als „Krautstampfer“ o.ä. schmähte, nicht für sie zum Hören, aber ich kann auch nicht sicher sein, dass sie es nicht hörte. Was soll so etwas?
In solchen Kommentaren wird deutlich, dass manche Leute es für eine Zumutung halten, wenn sie etwas sehen, was nicht ihrem Ideal entspricht. Das wäre auf einer Ebene, als wenn man jeden Mann mit schütterem Haupthaar oder Glatze mit einem mehr oder minder lauten Kommentar bedenken würde, nur weil er keinen Hut trägt – das würde auch keiner tun!
Was die Farben angeht: Die Sanitätshausmitarbeiterin hat mir einen interessanten Tipp gesagt, den ich noch ausprobieren muss, ehe ich meine 1. Wechselversorgung bestelle. (Meine erste Versorgung ist schwarz, weil ich das häufig brauche.) Sie riet mir zu hautfarben, um dann je nach Outfit dünne farbige Strumpfhosen drüberzuziehen, oder im Sommer auch gemusterte Netzstrümpfe o.ä. Hat jemand von Euch das schon mal ausprobiert? Ich trage erst seit einer Woche flachgestrickte Kompression und kann nicht einschätzen, was vom zeitraubenden Anziehen Anfängerkampf und was Alltag ist und wie weit eine weitere Schicht zusätzlich stören würde.
Hallo Annesch!
Ja, ich habe das schon ein paar Mal gemacht. Es funktioniert, es hat mich lediglich gestört, weil die Feinstrumpfhose bei mir manchmal gerutscht ist und man es in dem Fall auch nicht so schnell merkt. Aber probier es doch einfach mal aus. 🙂
Liebe Grüße
Caroline
Meine SaniFrau hat so etwas zum Glück noch nie gesagt, aber ich habe schon öfter darüber nachgedacht…
Dieses Karomuster, das jetzt dann raus kommt finde ich soooo schön *___*
Aber die Frage die mich dann selbst beschäftigt ist, natürlich sieht das an nem schlanken Bein hübsch aus, aber an nem Bein wie meinem, wenn die Karos so außeinandergezogen werden kann ich mir nicht vorstellen, dass das gut aussieht o_O Deswegen werd ich wahrscheinlich wieder ne einfarbige Leggins nehmen, aus Angst mich dann selbst noch unwohler zu fühlen als eh schon ^.^
Halllo liebe Mina,
ich kann die Unsicherheit auf jeden Fall verstehen. Wie gesagt, es ist jedes Mal eine soooo schwere Entscheidung. Falls du dich doch einmal trauen möchtest, wähle doch einfach eine farbige und eine unauffällige Kompression. Falls es dir dann doch zuviel wird, kannst du sie ja mit einer normalen Leggings wieder „entschärfen“. Ist nur eine kleine Idee 🙂
Liebe Grüße
Caroline
Hallo Mina,
ich habe mich für eine Strumpfhose von Medi mit den Crosses entschieden. Und ich muss Dir sagen, dass ich Anfangs die gleichen Bedenken hatte wie Du. Und ich bin so glücklich darüber, dass ich mich gewagt habe, so was Ausgefallenes fertigen zu lassen. Sie sitzt viel besser und es macht die Beine nicht dicker, als sie eh schon sind.
Zur Erklärung, ich habe weder schlanke Beine und bin dazu auch noch recht klein.
Einfach trauen!
LG Sabine
Hallo, mein Name ist Martina und ich trage seit drei Jahren Kompris. Oberschenkelstrümpfe und Bermuda. Meine ersten waren hautfarben, aber dank toller Beratung im Sanitätshaus Binn durch Frau Binn und meine Selbsthilfegruppe in Düsseldorf bin ich mutig geworden. Ich trage kaum noch Hosen sondern Lagenlook aus Hannis Store Fashion and More aus Jüchen und knallgelbe, lila, Pink und auch schwarze Kompris. Jeder.also wirklichvjeder macht mir Komplimente. Das finde ich total schön und Nacht michvein wenig stolz Do offensiv meine Beine zur Schau zu stellen. Allerdings muss ich sagen, dass ich Stadium II bis III habe und es hauptsächlich an den Oberschenkel und Bauch ist.
Liebe Grüße und viel Mut für Alle.
Martina
Hallo,
Mir ging es vor einem 3/4 jahr genauso. Erst der Schock mit der Diagnose und dann die Entscheidung mit den Farben.
Ich trage seit vielen Jahren nur schwarz (oder vorwiegend). Kaschiert ja schön 😉
Bei den Strümpfen war das dann ganz anders. Ich muss die halt nun tragen aber dann kann das auch jeder sehen! Die ersten waren rot mit Pyramid. Okay, Wechsel schwarz. Ein dezentes muss sein.
Dann schlug das so toll an und der Beinunfang wurde schnell weniger. Ich brauchte eine Zwischenversorgung. Und wieder! Rot pyramid und Aqua mit Sternen. Ich liebe Aqua. Und im Sommer war mir das so egal. Ich hab kurze Hosen getragen und ja ich wurde angeguckt. Aber ich hab mich dabei nicht schlecht gefühlt. Denn durch die Kompri hatte ich zum ersten mal schön geformte (oder in Form gepresste) Beine.
Morgen bekomme ich ein neues Rezept. Die Entscheidung fällt wieder schwer. Habe gestern die neuen Farben und Muster entdeckt. Es wird auf jeden Fall bunt!
Und by the way. Dank eurem Blog hab ich mich an Weihnachten zum ersten mal seit 15 Jahren in ein Kleid getraut. Ein schwarzes dazu die Aquas. Kleider wirds nun öfter geben.
Seit mutig! Vergesst die Blicke. Ihr zählt und niemand anderes. Seit bunt und fühlt euch wohl
Liebe Grüsse
Nicole
Hallo,
ich habe vor einer Woche aus meinem Unverständnis über ständig dicker werdende Beine eine Diagnose Lipödem machen lassen. Seitdem mache ich mir Gedanken, wie so eine Versorgung an mir aussieht und wie es mit dem Tragen ist.
Mir war nicht klar, das es verschiedene Muster gibt. Wird die es schon enge Kleidung dann noch enger? Wie ist es mit Schuhen und Stiefeln? Fragen über Fragen.
L. G.
Petra
Hallo Petra,
die Kompression ist vom Tragegefühl wie eine dicke feste Strumpfhose. Dadurch verändert sich auch die Beweglichkeit in Hosen. Das ist leider Gewöhnungssache. Schuhe und Stiefel sind m. E. nicht enger als vorher. Es gibt mehrere Hersteller mit verschiedenen Mustern, Farben und Verarbeitungen. Du wirst die ersten Male deine eigenen Erfahrungen machen müssen, aber irgendwann weißt du, welche Marke dir am meisten zusagt.
Ich hoffe, wir können dir bei diesem Weg behilflich sein 🙂
Liebe Grüße
Caroline
Isabel Garcia: Ich hab Lipodem, nur sind meine Arme nicht so stark betroffen. Aber trotzdem sind Arme und Beine deutlich fulliger, als der Rest. Zu meinem Buch uber Lipodem Ich bin mehr als meine Beine habe ich sehr viel recherchiert. Da kam ein Arzt und meinte, dass viele, die von einem Lipodem betroffen sind deutlich weniger Probleme hatten, waren dicke Beine Mode. Das ist ein ewig alter Satz, den schon fruher jemand gesagt hat, als es die ersten Lipodem-Diagnosen gab. Und das stimmt naturlich. Wir befinden uns in einem Kreislauf. Wir haben korperliche Schmerzen, die bedingen seelische. Und die seelischen Schmerzen verschlimmern die korperlichen. Ich glaube, die korperlichen Schmerzen konnten wir viel leichter ertragen, wenn wir wussten, (lacht) dass wir dafur die geilsten dicken Beine haben, die es gibt. Das ist ein Gedanke, auf dem ich gerne rumkaue . Ich zeige mich jetzt immer mehr ohne Strumpfhose. Das ist Absicht. Mit kurzeren Rocken. Auch gern mal mit Minirock. Und ich bekomme immer wieder positive Resonanz, dass jemand das mutig findet. Wo ich mir denke, nein, ich bin einfach ich. Warum ist es mutig, wenn ich als Frau meine Beine zeige?