Sozialrechtliche Selbstverwaltung – Wie wir Patienten aktiv werden können – Teil 2

Dieser Beitrag ist eine Fortsetzung des Beitrags zur sozialrechtlichen Selbstverwaltung, geregelt in den §§ 43 ff. SGB IV.

Sozialwahlen. Ja, und wie geht das?

Mancher ist vielleicht danach zu sagen: Jetzt habe ich Deinen Artikel zur sozialrechtlichen Selbstverwaltung gelesen, aber Ruth, ich bin jetzt so schlau wie vorher.

Was fange ich mit diesen Informationen an? Was kann ich tun?

Ehrlicherweise solltet Ihr erst einmal für Euch selbst klären: Wieviel Zeit bin ich bereit, in dieses Thema zu investieren? Auch um mich in nicht immer ganz so spannende Themen einzuarbeiten, mich damit zu beschäftigen? Welche Fähigkeiten könnte ich da einbringen? (Für die Muttis unter Euch, die gerade nicht berufstätig sind und denken: wie soll ich mich einbringen, ich habe nicht studiert, bin keine Managerin/was weiß ich – regelmäßig seid Ihr Weltmeister im: Organisieren, Planen, schlechte Nachrichten übermitteln, auch mal streng sein, Improvisieren … die Liste könnte schier endlos fortgesetzt werden).

Natürlich haben wir bereits generell sehr viel damit zu tun, mit unserer Krankheit fertig zu werden. Dies ist jedoch ein Thema, dass andere Erkrankte oder Menschen mit chronischen Erkrankungen ebenfalls betrifft, seien es die Adipositas-Patienten, die Rheuma-Patienten etc. Ich schreibe jetzt das berühmte „Aber“ nicht hin 😊

Das Thema ist nicht sexy? Bitte – dann macht es sexy. Wir sind Frauen.

Ein Vorteil: Ihr müsst Euch nicht in Hierarchie und Programmgefüge einer Partei hineinzwängen. Dies ist üblicherweise bereits für die meisten Menschen, die politisch etwas aktiver interessiert sind, ein Hauptgrund, sich einer Partei n i c h t anzuschließen.

Man sieht doch schon in den Facebook-Gruppen, wie es ist. Wenn eine etwas vorschlägt, dann wird das in der Luft zerrissen. Da mag ich nicht Herzblut investieren.

Verständlich. Allerdings (Ihr seht, ich umgehe das „aber“) gibt es auch viele andere Erfahrungen. Gerade in den virtuellen Selbsthilfegruppen wird auch oft ohne viel Brimborium geholfen, unterstützt, Mut zugesprochen, getröstet, Tipps verabreicht, Neuigkeiten verbreitet etc. Manches Mal ist die feinsinnige Unterscheidung zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik gefragt. Denn: Wenn ich etwas kritisiere, sollte ich vielleicht um eine bessere Lösung wissen. Oder ich sollte es so formulieren, dass es zwar provozierend, aber nicht beleidigend rüberkommt.

Sozialrechtliche Selbstverwaltung – Wie stelle ich das an?

Sucht Euch Mitstreiterinnen, die dasselbe wollen wie Ihr. Wenn Ihr diese bereits habt, könnt Ihr schon einmal überlegen, wer in welchem Bereich welche Stärken hat. Die eine ist super in der Kommunikation, die andere ist Weltmeister im Organisieren, wieder eine andere kann einfach so schreiben, dass es jeder versteht und sich gut anhört.

Wie bilde ich eine Freie Liste für die Sozialversicherungswahl?

Auch das Verfahren im Vorfeld hat seine Tücken. Es sind sehr viele Formalitäten zu beachten. Insbesondere werden bis zu 2.000 Unterstützerunterschriften benötigt, um einen Antrag auf Zulassung zu den Sozialwahlen stellen zu können. Zu den Formalitäten selbst werde ich noch gesondert einen Artikel veröffentlichen, da dies den Rahmen eines Beitrags sprengen würde.

Ihr merkt, ich möchte Euch das Thema schmackhaft machen, ohne Euch allzu sehr zu langweilen.

Was ist Grundvoraussetzung?

Grundvoraussetzung ist insbesondere, dass sich mehrere zu einer Gruppe zusammenschließen. Diese sollte einigermaßen harmonisieren. Allerdings ist es ganz gut, wenn immer einer oder zwei dabei sind, die durchaus auch für kontroverse Diskussionen sorgen, denn sonst schmort man viel zu sehr im eigenen Saft. Eine typische Form ist die SHG (Selbsthilfegruppe) oder auch eine andere beliebige Gruppe, die häufig aus einem Lipödem-Stammtisch entsteht.

Langfristig muss man jedoch überlegen, in welcher rechtlichen Form man agiert. Es geht hier beileibe nicht darum, den zigten Verein zum Thema Lipödem zu gründen, sondern betrifft handhabbare Organisationsformen auf regionaler Basis. Hier bietet sich die Vereinsform durchaus an, da diese auf solche Zwecke ausgerichtet ist. Eine GbR oder in nichtrechtsfähiger Verein hingegen bergen zahlreiche Haftungsprobleme, die man auch im Hinblick auf die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vermeiden sollte. Bitte denkt daran, dass hierzu auch durchaus die Zugehörigkeit zu einem überregionalen Verein, wie der Lipödem Hilfe Deutschland e. V. gehört. Beide Formen stärken sich gegenseitig, die eine auf regionaler Ebene, die andere überregional.

Ist das wirklich noch so weit weg?

Da kann ich mich nur wiederholen: 2023 ist nicht so weit weg. Lt. einer Statista-Angabe gibt es – beruhend auf Angaben des GKV-Spitzenverbandes – derzeit 110 Krankenkassen in Deutschland. Will man nur für die Hälfte dieser Kassen eine freie Liste organisieren, ist man bei gut 50 Listen. Für diese werden zwischen 20 und 2.000 Unterstützerunterschriften benötigt.

Nochmal: 2023 ist nicht so weit weg.

Wenn Ihr die Beiträge lest, dann wisst Ihr, warum. Die Vorschlagslisten sind spätestens im Januar 2 0 2 2 einzureichen. Wir haben jetzt Mitte 2018. Lange hin? Wohl eher nein.

Bitte stellt auch durchaus Eure Fragen. Denn dann kann ich in meinen Beiträgen gezielt darauf eingehen.

In diesem Sinne, mehr dazu und zu vielen weiteren Themen, auf diesem Blog,

liebe Grüße,

Eure Ruth Leitenmaier.

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Author: Ruth Leitenmaier

Meine Schwerpunkte sind Sozial- und Medizinrecht, Steuerrecht, Erbrecht und Seniorenrecht. Ich bin selbst Lipödempatientin, im Jahr 2016 operiert und dankbar, einem nicht so guten Schicksal entronnen zu sein. Außer meiner Familie sind Kunst und Literatur meine steten Begleiter. Ich bin gerne in der freien Natur und habe meinen Ausgleich auch im Sport.

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