Fünf Grundübungen für Kraft / Ausdauer
Meine Entstauungstherapie in der Rehaklinik Reinhardshöhe 2018 stand unter dem Motto „Fördern und Fordern“ – nix mit Beinchen hochlegen und Urlaubsfeeling …
Frühmorgens nach der Manuellen Lymphdrainage und dem Bandagieren meiner Beine plus Kompressionsleibteil bis unter die Brust hieß es direkt: Frisch gewickelt ab zum Sport. Entweder eine Stunde Nordic Walking (direkt den Berg hinter der Klinik steil hoch … ächz) oder im Kraftraum aufs Laufband für 30 Minuten bei 120 Watt oder aber – und ich dachte ‚Oh wie fein‘ – an die Geräte. Frühstück? Wenig und kurz.
Bekanntlich arbeiten Bandagen am effektivsten in der Bewegung. Macht ja Sinn, möglichst früh am Tag Kraft und Ausdauer zu trainieren mit dem Ziel: Wasser verlieren, Muskeln (auch das Herz!) und Bindegewebe stärken, Schmerzen lindern. Mehr Muskeln verbrennen mehr Kalorien. Und so hilft der Kraftsport, ganz besonders in Verbindung mit ausgewogener Ernährung, das Körpergewicht zu reduzieren.
Die Übungen im Krafttraining mit Lip-Lymphödem verhelfen zu aufrechter Haltung und stärken durch den Widerstand der Gewichte unsere Gelenke, Sehnen und Knochen. Sie helfen dabei, Schädigungen unseres Bewegungsapparates zu vermeiden. Sie bringen den Kreislauf in Schwung, damit wir möglichst lange gesund, fit und selbstständig bleiben.
Es ist DIE Sportart, die ich am längsten und konstantesten ausübe. Begonnen hatte es 1975 im Geräteraum beim Uni Sport und es folgten Sportler- und Trainerjahre in Freiburg und Göppingen.
Das schafft ihr auch!
Vielleicht machen Euch diese fünf Grundübungen auch Lust. Sie eignen sich für Sporteinsteiger und wurden in der Klinik auch Patienten nach OP und Chemo verordnet. Wir wurden angeleitet und überwacht von Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten. Aber die Übungen sind Standard in jedem Fitnessstudio, in dem qualifiziertes Trainingspersonal arbeitet.
Während der Einweisung an den Geräten testete mein Therapeut, wie beweglich ich war und wieviel Gewicht ich angesichts meiner Einschränkung bewältigen konnte. Meine große Bauch OP mit über 30 cm langer Längsnarbe lag ein Jahr zurück. So bekam ich die Anweisung, an jedem Gerät drei Sätze mit jeweils 17 Wiederholungen auszuführen mit genau einer Minute Pause zwischen den Sätzen. Diese 17 Wiederholungen sollten mir mehr Kraft und Ausdauer geben, und das Gewicht war so gewählt, dass ich bei der letzten Wiederholung echt zu kämpfen hatte.
Aus meiner persönlichen Sicht gebe ich Euch den Tipp: 17 Wiederholungen für Kraft-Ausdauer sind in Ordnung. Aber wenn Ihr die betroffenen Muskeln wirklich SPÜREN wollt (und das ist das Ausschlaggebende für den Erfolg der Übung), dann verringert das Gewicht in einer nächsten Trainingseinheiten um mindestens die Hälfte. Führt die Bewegung etwa 20 x sehr langsam und gleichmäßig aus und konzentriert Euch dabei voll auf die zu trainierende Muskelgruppe.
Sauber und langsam
Ich selbst fange auch jetzt beim Training zum Aufwärmen mit dem geringst möglichen (Kinder-) Gewicht an. Dann steigere ich das Gewicht bis zum Arbeitsgewicht und pumpe beim Abschlusssatz wieder mit geringem Gewicht. So lange, bis ich spüre, dass der Muskel brennt und nichts mehr geht.
Eine saubere Ausführung ist das A und O – seht Euch hier die Übungen aus meiner Reha an und lasst Euch von Trainern in einem Studio oder im Kraftraum Eurer Physiopraxis einweisen. Sie werden nicht mit Freihanteln ausgeführt, sondern an individuell auf Eure Körpermaße verstellbaren Maschinen, um einen sauberen und ergonomischen Bewegungsablauf zu gewährleisten und Gelenke zu schonen.
Durch die folgenden Grundübungen wird der gesamte (!) Körper weitestgehend mobilisiert.
Brustpresse / Chestpress
Das Grundprinzip des Krafttraining mit Lip-Lymphödem erkläre ich Euch hier beispielhaft an der ersten Übung etwas ausführlicher.
Ziel der Übung ist vorrangig die Stärkung der Brustmuskulatur. Einbezogen sind aber auch unterstützende Muskelgruppen der Rumpf- und Armmuskulatur wie obere und seitliche Bauchmuskeln, Schultern und Trizeps, sogenannte Hilfs- oder Assistenzmuskeln.
Diese Übung wirkt sich im Alltag auf Eure aufrechte Haltung, Greifkraft, Koordination und vor allem auch auf die Atmung aus, indem sie der Lunge Raum verschafft. Der Kreislauf wird dauerhaft gestärkt.
Wichtig ist eine gute Grundhaltung mit Ganzkörperspannung, das heißt: Vorbereitend Schultern nach oben und hinten rollen, Kinn runter, Kopf und Hals gerade, Brustbein hoch, Bauch anspannen, Beckenboden anspannen. Den Sitz stellt Euch der Trainer ein, und er bestimmt auch Eure Griffbreite und Griffhöhe.
Die Füße sind fest auf dem Boden aufgesetzt, die Knie 90° angewinkelt. Aufrecht und angelehnt sitzend umfasst die Griffe fest! in Höhe der Brust, haltet die Ellenbogen unter Schulterhöhe und drückt das Gewicht mit dem Ausatmen langsam und kontrolliert nach vorne. Handgelenke gerade und nicht nach oben abknicken lassen, mit dem Einatmen zurückbewegen.
Achtung: Die Arme dabei nicht ganz durchdrücken/verriegeln, sondern in den Ellenbogengelenken immer eine leichte Beugung bewahren und auf Spannung bleiben.
Durch kleine Veränderungen der Grundhaltung wie Becken Kippen, Kopfhaltung und Griffvariationen kann die Brustmuskulatur gezielter und isolierter trainiert werden, ohne die kleineren und schwächeren Muskelpartien drumherum zu sehr mit zu belasten, aber das erarbeitet Ihr nach einer Zeit der Eingewöhnung wieder mit Eurem Trainer, und das gilt auch für alle weiteren Grundübungen.
Die Grundübungen
- Rudern sitzend/seated row zur Stärkung der seitlichen und oberen Rückenmuskulatur
- Rückenstecker Maschine/back extensions zur Entwicklung der unteren und inneren Muskulatur neben der Wirbelsäule
- Bauchpresse/crunches on machine – natürlich für die gesamte Bauchmuskulatur und
- Beinpresse/leg press sitzend oder 45° schräg nach oben für Beine UND Rumpfmuskeln. Bei dieser Übung werdet Ihr auch am ehesten die entstauende Wirkung unter der Bandagierung spüren.
Um den Muskelaufbau und -funktion zu reizen und das Trainingsziel zu erreichend ist die 2 x pro Woche Ganzkörpertraining das Minimum, 3 x ist besser. Optimal ergänzend durch 1 – 2 x Ausdauertraining wie Aquajoggen, Nordic Walking und Rehasport/Gymnastik.
Was spricht gegen ein Krafttraining mit Lip-Lymphödem im Sportstudio?
Die Übungen wirken auf Muskeln UND das Lymphsystem. Unter professioneller Betreuung wird Euch die korrekte Ausführung garantiert. Außerdem wird Euch im Fitnessstudio niemand abfällig ankucken – im Gegenteil! Es erwarten Euch Verständnis, Anleitung zum Selbstmanagement, Ernährungsberatung, Motivation und Anerkennung! Ihr trefft auf Gleichgesinnte und könnt Euch austauschen. In den meisten Studios (auch und gerade auf dem Land!) gibt es Rehasportkurse, die komplett von der Krankenkasse bezahlt werden, weitere Bewegungsangebote wie Cardiotraining, Funktionstraining und für Euch geeignete Gymnastikkurse aller Art wie Yoga, Pilates, Faszientraining, Bellicon und Fitball. Durch die Vielfalt an Geräten und Wechsel von Trainingsplänen wird es garantiert nicht eintönig. Die Arbeit der Fitnessstudios macht dort weiter, wo die Arbeit der Physiopraxen auf Rezept aufhört. Ihr könnt dort in Eigenverantwortung und mit viel Spaß viel für Euren Körper tun.
Und irgendwie ‚zwingt‘ so ein Vertrag uns auch zu regelmäßigem und effektivem Training. Das vom Wesen her träge Ödem, oft von Euch ja auch zu Recht als böse und lästig beschrieben, muss echt in den Hintern getreten werden!
Hört Euch um, geht zum Probetraining und erlebt das tolle Gefühl, etwas für den Körper zu tun. Der beste Zeitpunkt ist
Starte JETZT dein Krafttraining mit Lip-Lymphödem!
Es lohnt sich – weniger Schmerzen, Umfangsverringerung der Ödeme, ein besseres Körpergefühl und sichtbare Veränderungen sind der Gewinn.
Und natürlich immer #sportinkompression!
Wozu tragen wir tagtäglich mit der Kompression die beste Funktionskleidung, die es gibt? Macht Euch schick und sagt dem Ödemmonster den Kampf an.
Viel Spaß und Erfolg beim Krafttraining mit Lip-Lymphödem wünscht Euch
die Ursula
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Studio: @cleverfit_rothenburgodT mit dem Trainerteam @_binacolada @its_murv und Hannes am Drücker 😉
Bandagen: Schug Medical
Kompression: medi GmbH