Lipödem und Lymphödem in den Wechseljahren IV – Wie ich zum Lipödem und zum Rock kam

Als mich eines Tages die liebe Ursula (@ursel_at_home) anrief und fragte, ob ich einen Blogbeitrag für Lipödem Mode über die Wechseljahre schreiben wolle, sagte ich spontan: „Ja!“.

Später saß ich hier an meinem Laptop und dachte, „Was hast du dir dabei gedacht?“.

Wechseljahre, das war etwas woran ich überhaupt nicht gedacht habe, noch denken wollte. Ich war nun aber durch mit 50. Ja, durch … mit 50. Das hätte ich mir auch nie träumen lassen. Wechseljahre oder der Wechsel hatte für mich nur eine Erinnerung: meine Mama schweißgebadet mit einem Handtuch im Nacken, vorm offenen Fenster stehend und nach Luft schnappend. Grrrrrrr, da wollte ich gar nicht drüber nachdenken und schob die Gedanken soweit weg wie möglich. Nun hatte ich zugesagt, also fing ich an nachzudenken.

Fangen wir mit einem Foto aus dem Jahr 2015 an.

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Der erste Knall

Auf diesem Foto bin ich 45 Jahre rund und wohlgenährt, ein gezwungenes Lächeln und im Kopf wirre und traurige Gedanken. Das Foto entstand in unserem Thailand Urlaub, den wir eigentlich absagen wollten.

Zwei Monate zuvor erfuhr ich, dass ich mehrere Knoten in beiden Brüsten habe.

Der erste Knaller der mich mit voller Breitseite traf. Nach diesem Urlaub fingen für mich grauenvolle Biopsien, Stanzen und kleinere Operationen an, um diese Kackdinger loszuwerden. Das Schlimmste waren allerdings die langen Wartezeiten auf die Ergebnisse der Laboruntersuchungen und die ständigen Mammographien. Es waren unzählige Zysten, Fibroadenome und irgendwelches anderes Zeugs in meinen Brüsten. Alles was da nicht hingehört. Zwar alles nicht bösartig, aber trotzdem fremd.

Nach der letzten Mammographie machte ein Radiologe die Aussage, wenn ich Ruhe haben wolle, sollte ich mir das krankhafte Brustgewebe entfernen lassen. Gesagt getan im November 2016 war diese OP. Ich habe bis 2021 gekämpft, dass das Wort Brustverkleinerung aus meiner Krankenakte verschwand, denn das war es bis dahin für die Krankenkasse.

Der zweite Knall

Februar 2017 – stolze 20 Kilo weniger – sollte die Hormonspirale, die ich bis dato hatte, entfernt werden. Einfache Sache, so sagte man mir. Bei der vorangegangenen gynäkologischen Untersuchung wurde festgestellt, dass sämtliche Zysten und Knoten ect. in meine Gebärmutter gewandert waren. Nach langen Gesprächen mit meiner Ärztin wurde schnell klar, dass man mir die Gebärmutter und alles was dazugehört entfernen müsse. Und hier kam das erste Mal das Wort Wechseljahre ins Gespräch.

„Das kann nach einer Totaloperation schnell passieren“, so die Worte meiner Ärztin.

Wechseljahre. Da war es wieder, dieses Bild von meiner Mama. Nur dass meine Mama zu der Zeit 60 war und ich jetzt 47. Die Ärztin versuchte mir ein wenig die Angst zu nehmen und bot an, wenn es gar nicht gehen würde, man immer noch mit Hormonen das ganze erträglicher machen könne. Sie gab mir ein Haufen Broschüren und Aufklärungsbögen mit, die ich nie las.

Der Tag der OP rückte näher, jetzt musste ich durch ob ich nun wollte oder nicht. Schon im Aufwachraum erlebte ich das erste Schweißbad. Furchtbar, ich die nach dem dritten Saunagang vielleicht ein Tröpfchen Schweiß bildete, schwitzte. Na toll, dachte ich, das kann ja heiter werden.

Schweiß, lass nach!

Nach vier Tagen und 16 Nachthemden später, durfte ich aus dem Krankenhaus. Ich weiß bis heute nicht, wo meine Schwiegermutter so viele Nachthemden hernahm, aber ich brauchte alle! Nach einem sehr verschwitzten Wochenende ging ich zu meiner Ärztin und kam mit einem Probierfläschen Schaum, versetzt mit Hormonen, nach Hause. Das sollte ich für vier Wochen testen. Ich solle jeden Tag einen Sprühstoß in die Ellenbeuge sprühen. Ganze drei Tage war ich sehr akribisch und gewissenhaft, dann hab ich es aus Zeit gründen vergessen, dann verdrängt, dann mal wieder benutzt und dann wieder vergessen. Ganze vier Wochen ging das so, zur ersten Nachuntersuchung konnte ich weder sagen, wann ich das Fläschchen das letzte mal benutzt hatte, noch wann ich die letzte Hitzewallung gehabt hatte. Dafür war einfach keine Zeit.

Ihr fielen da zum ersten mal fürchterliche blaue Flecken an meinen Beinen auf und meinte, dass man das beobachten müsse.

Nach weiteren vier Wochen erschrak sie mit Blick auf meine Oberschenkel derart, dass sie mich umdrehte und stumm auf meine Beine zeigte. Ihre Worte schallen heute noch in meinen Ohren: „ Ach Mädchen, wärst du doch lieber bei den Hitzewallungen geblieben“. Was hieß das jetzt? Tja, das Tante Lipi, so nannte ich fortan mein Lipödem, zog bei mir ein und sich machte sich breit. Im wahrsten Sinne des Wortes!

Jetzt waren die Wechseljahre weg und jetzt das

Zu allem Übel entwickelte ich das Lipödem auch an den Armen und zeitgleich ein Lymphödem, welches nach der Brustoperation entstand. Ich trage seit 2017 Kompressionsstrumpfhosen, Armstrümpfe, seit 2019 eine Thoraxversorgung und seit diesem Jahr Handkompression.

Ich machte in der Zeit aber tatsächlich einen Wechsel durch. Denn so blöd es vielleicht klingen mag, das Lipödem hat die Weiblichkeit wieder in mir geweckt.

Durch das tragen meiner Kompressionsstrumpfhose zog der Rock und das Kleid bei mir ein. Um ehrlich zu sein, bis zu dieser Zeit war das einzige Kleid in meinem Schrank mein Brautkleid. Was das Kleiden betrifft, erfand und erfinde ich mich immer noch neu. Ich bin viel aufgeschlossener geworden und experimentiere viel, auch mit Farben meiner Kompression. Es sind nicht mehr die alten langweiligen Oma Strümpfe.

Mit Abstand betrachtet kann ich für mich sagen, dass das Leben nicht zwangsläufig mit dem Wechseln enden muss. Und wenn die Laune mal wieder nervig ist oder ihr zum Lachen in den Keller gehen müsst, dann bringt euch Wein mit und nehmt nicht immer alles so ernst. Denn eines hab ich mir durch diese ganzen gesundheitlichen Dinge (ich hatte derweil noch zwei Darmoperationen) nicht nehmen lassen – meinen Humor.

Aufstehen und weitermachen

Einen Spruch von meiner Oma möchte ich euch mitgeben, sie sagte immer zu mir:

„Schummelchen, du kannst jetzt mal kräftig heulen und schreien, aber dann wird die Rotze abgewischt und weitergemacht!“ Und ich sag euch, recht hatte sie!

Ich hab der Tante Lipi die Koffer gepackt und sie zur Tür hinaus gejagt. Das heißt nicht, dass sie mich nicht quält oder nervt, aber es ist eine Krankheit an der ich nicht sterben werde. Sie schränkt mich zwar in vielen Dingen ein, aber sie wird nicht die Oberhand erlangen.

Betrachtet die Wechseljahre nicht ganz so streng, auch wenn man vielleicht zunimmt, die Haut trockener wird oder die Haare und die Frisur ab und an ein Eigenleben entwickeln. Davon geht die Welt nicht unter. Wechseljahre kommen und gehen. Schlimmer sind die Krankheiten die sie mir mitgebracht haben, denn diese bleiben.

Mir ist dennoch bewusst, dass viele Mädels und Frauen das nicht so gut verkraften und ich möchte auch nicht so ein ernstes Thema beschönigen oder herunterspielen. Hier im Beitrag geht es allein um meine Erfahrungen und meinen Umgang mit diesem Lebensabschnitt.

Danke liebe Caro, dass ich dabei sein durfte. Danke liebe Ursula, fürs Mut machen und deine tollen Tipps und danke an Lipödem Mode. Vielleicht gibt es mal noch einen Beitrag, den ich bringen darf! (Anm. d. Red.: Aber selbstverfreilich!)

Eure Diana


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Author: Diana Graf

Mein Name ist Diana Graf, geboren 1970 im schönen Sachsen-Anhalt. Ich bin seit 26 Jahren verheiratet, habe zwei wundervolle erwachsene Kinder von 26 und 24 Jahren und bin schon stolze Oma. Habe den Beruf der Friseurin erlernt und ihn bis 2011 ausgeübt. Aus gesundheitlichen Gründen gehe ich nicht mehr Arbeiten, gehe einigen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach. Und wie ihr vielleicht am Text und Bild gemerkt habt, ich kann sehr gut über mich selbst lachen auch wenn mal nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist.

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