#triathlonmitlipödem – mein Weg zum ersten Finishing
Wer meinen Weg schon etwas länger verfolgt, weiß, dass ich (unwissentlich) am 1. Mai 2020 den Start in ein aktives Leben hingelegt habe. Dato hatte ich knapp 30 kg mehr und war eine klassische Couchpotato wie sie im Buche steht. Bewegung war für mich eher ein Mittel zum Zweck – der Zweck um abzunehmen, selbst wenn ich es nie nachhaltig geschafft habe.
Fahrrad fahren, Schwimmen und Badminton fand ich schon immer mega cool, aber ich habe es nie geschafft eine Routine daraus zu entwickeln oder dabei Freude zu empfinden. Auf gewisse Weise habe ich mich danach schon gefreut, denn ich hatte den Schweinehund besiegt. Wie ist es also passiert, dass diese Vanessa aus 2020 im Jahr 2023 einen Triathlon mit Lipödem gefinished hat? Dazu kommen wir jetzt.
Von meinen Sportanfängen im Mai 2020 bis zum Triathlon mit Lipödem war es ein langer Weg – ich nehme dich mit auf meine Reise.
Meine „Liebe“ zum Laufen
Bevor ich dir jetzt meinen Weg zur Ziellinie meines ersten Triathlon mit Lipödem beschreibe, möchte ich noch loswerden, dass ich Joggen bis zum Sommer 2020 – sehr milde ausgedrückt – nicht mochte. Und zwar so überhaupt nicht. Stell dir einfach das Lebensmittel vor, das du am wenigsten magst und multipliziere es mit 20. Dann hast du in etwa das Gefühl, dass ich empfunden habe.
Nach meinem Sport-Start im Mai 2020 hatte ich mir durch meine beginnende Sport-Routine nach einer gewissen Zeit schon einiges an Kondition aufgebaut. Als mich dann eine Freundin fragte, ob ich mit ihr walken gehen wolle, wehrte ich mich innerlich zwar etwas, aber, weil ich ihr einen Gefallen tun wollte, ging ich doch mit. Im Nachhinein betrachtet, hätte sie auch alleine gehen können, denn sie hielt quasi den ganzen Weg über einen Monolog, während ich ganz dringend ein Sauerstoffzelt gebraucht hätte.
Das war ein ziemlicher Dämpfer, aber ich habe mich davon nicht unterkriegen lassen. Ganz im Gegenteil: Ich hatte neue Motivation mich hier zu verbessern, außerdem war es auch irgendwie ganz cool. Gesagt, getan. In den vergangenen drei Jahren habe ich meinen Schweinehund in einen Schweinefreund verwandelt, allerdings musste ich ihn als vorherigen Feind ungefähr 1 Million mal besiegen.
Viele Tränen und noch viel mehr Schweiß haben mich über die Zeit an den Punkt gebracht, an dem der Sport ganz allgemein ein Teil meines Alltags, nein sogar meines Lebens wurde. Irgendwann habe ich verstanden, dass es so viel mehr ist, als nur ein Mittel zum Zweck. Natürlich habe ich dadurch auch enorm Gewicht verloren, aber heute ist der Sport für mich vor allem ein Ausgleich zu meinem stressigen Alltag.
Lipödem und Abnehmen
Kleiner Exkurs:
Ich weiß, dass wir mit Lipödem oft gesagt bekommen, dass wir nicht abnehmen können. Hierbei muss man aber ganz klar unterscheiden: Wir können nur das Lipödem-Fett nicht abnehmen. Ich bin der lebende Beweis, dass wir angefuttertes und somit „gesundes“ Fett, also Übergewicht, abnehmen können. Lass dir da also bitte keinen Bären aufbinden.
Vom Laufen zum Joggen
Zurück zu meiner Verwandlung mit großem Ausmaß.
Nachdem ich nun zum einen den Sport nicht mehr als Last, sondern als mega coole Sache empfand und auch beim Walken den Anfang gefunden hatte, baute ich dieses nach und nach aus. Zuerst war es mein Ziel, meine Atmung und Zeiten zu verbessern. Irgendwann baute ich kleine Jogging-Intervalle ein und dann kam der 24.5.2021 (also fast ein Jahr nach Sport-Restart), an dem ich das erste Mal in meinem Leben 1,5 km gejoggt bin. Das klingt für manch andere sicher nach einer Lachnummer, aber für mich war das ein riesiger Meilenstein.
Auch hier baute ich weiter darauf auf und setzte mir das Ziel gegen Ende des Jahres 10 km zu schaffen. Gesagt, getan. Am 07. Oktober 2021 setzte ich dieses Ziel um. Knapp fünf Monate hat es gedauert, die entsprechende Kondition dafür aufzubauen. Ich trainierte meine Beine langsam darauf hin. Nun war ich mir sicher, dass ich das Laufen doch nicht mehr so schlimm fand und durch die aufgebaute Kondition auch wirklich so etwas wie Spaß dabei hatte.
Die Anmeldung zum Triathlon mit Lipödem
In den darauffolgenden Monaten probierte ich noch sehr vieles aus, blieb immer wieder dran und der Gedanke an einen Triathlon mit Lipödem war durch meinen Ironman-Nachbarn immer wieder präsent. Im November 2022 motivierte mich eine Freundin, die selbst Triathletin ist, schließlich mich für meinen ersten Triathlon mit Lipödem anzumelden. Die Entscheidung war gefällt und ich meldete mich gemeinsam mit ihr für den 09. Juli 2023 zum Churfranken-Triathlon in Niedernberg an.
Es galt dort 500 m Schwimmen, 20 km Fahrrad und 5 km Laufen zu absolvieren. Nach der Anmeldung hatte ich auf einmal die Gedanken „was habe ich da nur angestellt?“ – „Worauf habe ich mich da nur eingelassen?“ – „Schaffe ich das überhaupt?“
… ich sag’ es dir, es war eine Achterbahn der Gefühle. Und es war tatsächlich etwas angsteinflößend.
Es war ein Riesen Schritt aus meiner Komfortzone, mal wieder … der dröfltausendste in den vergangenen Jahren. Man meint ja, dass man das nach so vielen Malen schon drauf hätte, aber es ist ehrlich gesagt nicht so. Jeder einzelne Ausbruch aus dem Gewohnten ist eine Herausforderung.
Jedes. Mal. Aufs. Neue !!!
Egal ob Hula Hoop oder Triathlon mit Lipödem – die Kompression darf beim Training nicht fehlen
Kein Zurück mehr
Aber jetzt gab es kein Zurück mehr, außerdem wollte ich das auch unbedingt schaffen. Für mich selbst und ein Stück weit auch, um dir und allen anderen #lipödemschwestern zu zeigen, was alles möglich sein kann. Das war damit nicht nur irgendein Ziel für mich, sondern DAS Ziel. Es ging nicht nur um einen Triathlon – sondern einen Triathlon mit Lipödem!
Am 01.03.23 wurde es dann wirklich ernst. Mein Nachbar half mir bei den Trainings und ich startete mit 5 Einheiten pro Woche. 3x Fahrrad, 1x Schwimmen und 1x Laufen. In etwa 1 Std. im Schnitt pro Einheit. Das in meinen ohnehin schon vollen Alltag zu integrieren war anfangs erst mal eine Challenge, aber ich gewöhnte mich schnell dran und plante meine Trainings Woche für Woche mit ein.
Es war schlichtweg eine Frage der Priorität. Ausreden gab es für mich schon lange nicht mehr, aber jetzt noch weniger. Egal wie – ich habe es durchgezogen. Mein Ziel – der Triathlon mit Lipödem – war nicht mehr weit entfernt.
Einfach Schwimmen, einfach Schwimmen, einfach schwimmen, schwimmen, schwimmen
Während dieser Reise bekam das Schwimmen auch ein erstes Upgrade. Nachdem ich bei meinem dritten Training von einer sehr guten Schwimmerin darauf hingewiesen wurde, dass ich wie eine – O-Ton – „Boje“ im Wasser liegen würde, fing ich in der darauffolgenden Woche direkt an meinen Schwimmstil zu überarbeiten. Kurzum: Nach wenigen Trainings konnte ich dann endlich mit dem Kopf unter Wasser Brustschwimmen.
Auf dem Weg zum Triathlon mit Lipödem habe ich bereits damit begonnen, das Kraulen neu zu lernen und werde das nun bald noch vertiefen. Funfact: Die Frau, die mich als Boje bezeichnete (das war wirklich eine ganz liebe und konstruktive Kritik), traf ich ein paar Monate später wieder und sie war ganz beeindruckt von meiner Entwicklung. Da sie auch Schwimmstunden gibt, werden wir ab Herbst an meinem Kraulen arbeiten.
Meinen kleinen Reminder an mich selbst – die Trinkflasche „Gib alles, außer auf!“ gibt’s bei Power Sprotte.
Ein großer Dämpfer und ein neues Ziel
Auf dem Weg zu meinem ersten Triathlon mit Lipödem musste ich leider auch einen großen Dämpfer einstecken. Ich war fast den gesamten Mai krank und meine Kondition war demnach so gut wie dahin. Als ich dann kurz vor dem großen Tag wieder mit dem Training anfangen konnte, war mein ursprüngliches Ziel dahin. Mein Ehrgeiz ist immer enorm hoch, daher wollte ich den Triathlon mit Lipödem unter eineinhalb Stunden schaffen. Eigentlich. Aber nach der Krankheitsepisode war mir klar, dass ich das vermutlich nicht schaffe und daher wollte ich es einfach nur noch unter zwei Stunden hinbekommen.
„Und dann war er da. Der Tag der Tage.“
Der große Tag: mein erster Triathlon mit Lipödem
Der 09. Juli 2023, mein erster Triathlon mit Lipödem, wird immer ein ganz besonderer Tag meines Lebens bleiben.
Ich war extrem früh wach und somit war ich aufgeregtes Hühnchen mit meinem Mann bereits gegen 6.45 Uhr am Honisch Beach in Niedernberg. Bereit für den Triathlon mit Lipödem. Wir kamen an die Wechselzone und ich trug bereits meine Flachstrick-Kompression in medi Magenta unter meinem Tri-Suit.
Da ich das Fahrrad fahren und Laufen ohne Kompri nicht hätte machen können, entschied ich mich bereits mit der Flachstrick an den Schwimm-Start zu gehen. Auf nasser Haut eine Kompri anzuziehen funktioniert denkbar schlecht, da die Haut sich wie Kleber verhält. Somit habe ich den Veranstalter im Voraus angeschrieben und wurde daher mit den Worten „Du bist sicher Vanessa, oder?“ begrüßt. Der Helfer wollte sichergehen, da er das an den Wettkampfrichter nochmal weitergeben wollte.
Nun war ich endlich angekommen bei meinem ersten Triathlon mit Lipödem. Mit meinem Bike und allem, was ich brauchte. Ich schaute mich etwas unsicher um und sog die Atmosphäre ein. Es war wirklich ganz unbeschreiblich. Ich stand inmitten von einer großen Anzahl verschiedenster Athlet:innen, die auch nahezu alle wirklich danach aussahen.
Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich mit Abstand die Fülligste war. Aber es hat mir nichts ausgemacht, denn ich wusste, dass ich fit bin und trainiert habe und mich mit ihnen allen überhaupt nicht vergleichen könnte. Auch wenn ich das vorher sicher das ein oder andere Mal mit anderen sportlichen Menschen bestimmt gemacht habe.
Vergleichen bringt einfach so gar nichts. Vergiss das nie! Wir haben alle unseren eigenen Weg hinter uns und sind einzigartig.
Aber wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, kurz vor Start. Um 9 Uhr waren es bereits 29 Grad und ich wusste, das wird heute keine leichte Nummer. Somit stieg die Aufregung ins Unermessliche. Ich war bereits die Tage davor nur noch ein reines Nervenbündel. Verpeilt ohne Ende. Konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Nun stand ich in der Menge und machte mich bereit für meinen ersten Triathlon mit Lipödem.
Ich wollte einfach nur noch starten
Endlich ging es für mich in der Reihe nach ganz vorne. Der Timer piepste, dann das Go und der Timer auf meiner Uhr lief los. Mein erster Triathlon mit Lipödem begann.
Mein Mann und meine Freunde feuerten mich an und ich ging viel zu übereifrig ins Wasser. Puh. Meine Kompression saugte sich voll und ich war total hektisch. Kam nicht in meinen Rhythmus und war etwas zu weit rechts. Durch den Rolling Start [Anm. d. Lektorin: Erklärung am Ende des Artikels] kamen mir schon wieder andere Schwimmer:innen entgegen und ich merkte, dass ich meinen Kurs korrigieren musste. Nach knapp der Hälfte der Strecke kam ich so langsam in meinen Takt.
Ich versuchte meinen Puls unter Kontrolle zu bekommen und dachte an das, was mir viele Triathlet:innen vorher geraten haben: „genieß jede Sekunde“. Und ich fing an, jeden Arm- und Beinschlag wirklich zu fühlen und in meinem Körper anzukommen. So schnell konnte ich dann nicht schauen, war das Ufer des Sees auch schon wieder in Sicht. Ich rannte in die Wechselzone und war bereit für das Fahrrad.
Bildquelle: Sportfotografie Kutsche
Als ich dann mit Helm, Brille und Klickschuhen loslief und endlich aufsteigen durfte, kam ich natürlich nicht direkt in mein Klickpedal. Zu allem Überfluss waren noch zwei Männer auf einmal neben mir, die noch um ein Haar einen Crash verursacht hätten. Aber ich atmete tief durch, klickte ein und fuhr los. Endlich. Von allen 3 Disziplinen bei Triathlon mit Lipödem ist das Fahrrad mein Favorit, zumindest zum heutigen Stand.
Meine Meute feuerte mich in der ersten Kurve direkt wieder an und ich trat los, was das Zeug hielt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich von meiner Ziel, den Triathlon mit Lipödem unter zwei Stunden zu absolvieren, eigentlich schon verabschiedet, da ich vor den Temperaturen wirklich den größten Respekt hatte. Es waren für den Tag 37 Grad gemeldet.
Auf der Radstrecke merkte ich allerdings, dass der Wind super war und ich durch das Adrenalin und Training der letzten Wochen wirklich viel Power hatte. In der ersten Runde ging ich dennoch nicht an mein Limit, denn ich wusste, dass ich danach auch noch 5 km laufen muss.
Überall waren Menschen, die einen anfeuerten, obwohl sie einen nicht kannten. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Ich fuhr und fuhr und merkte, dass ich einen grandiosen Schnitt fuhr und somit packte ich in der zweiten Runde nochmal ein bisschen was darauf. Nach 20 km kam ich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 28 km/h wieder in der Wechselzone an.
Eigentlich sowas von nicht bereit für den Endgegner des Tages: das Laufen. Meine nasse Kompression war während des Fahrradfahrens an diesem Tag eine willkommene Abkühlung. Leider war sie bis zum Laufen schon fast getrocknet und ich wechselte nur meine nassen Socken sowie von Helm auf Kappe. Mit meinem Power-Gel und einem Traubenzucker ausgestattet, startete ich mit gemischten Gefühlen in die letzten 5 km meines ersten Triathlon mit Lipödem.
Mein Puls war aufgrund der Temperaturen viel zu hoch, daher entschied ich mich dazu, die letzte Disziplin etwas ruhiger angehen zu lassen. Bei der Wettkampf-Besprechung wurden wir vom Veranstalter wegen der Wetterlage bereits zur Vorsicht aufgerufen.
Mein Mann und meine Freunde gaben mir wieder einen Motivationsschub, als ich mein Power-Gel schlürfend nach und nach an ihnen vorbeilief. Danke euch übrigens für die tollen Fotos beim Futtern …
Die ersten Meter waren bereits eine Herausforderung und ich wusste, dass ich wirklich langsamer machen musste als mir lieb war. Meine Waden mussten sich nach dem Radfahren erst wieder einpendeln, doch ich hatte weiterhin mein Ziel vor Augen. 2/3 vom Triathlon mit Lipödem hatte ich bereits geschafft, also würde ich das hier auch noch hinbekommen.
Auf der Strecke an sich war ich ziemlich alleine unterwegs, da ich zeitlich gesehen schon weit hinter den meisten lag. Daraus machte ich mir allerdings nichts, da ich es von den Trainings für meinen Triathlon mit Lipödem sowieso gewohnt war, alles alleine zu machen. Die größte Herausforderung war für mich die Hitze, da es einige Abschnitte gab, die durch die pralle Sonne führten. Gott sei Dank hatte ich meine tolle Kappe auf, sonst hätte das nach hinten losgehen können.
Nur physisch allein, aber in Gedanken unterstützt von ihrer Strong Girls United Community: unsere Lipödem Kämpferin Vanessa
Bei einer Versorgungsstation auf der Hälfte der Strecke erhielt ich noch mal einen kräftigen Push, denn der Moderator feierte mich dafür, dass ich so motiviert angelaufen kam und er spielte das gerade laufende Lied extra laut, klatsche mir ein und feuerte mich an. Danke dir nochmal dafür!
Ich bin die Strecke vor dem Wettkampf schon mal gelaufen und wusste, dass nun mehr Bäume Schatten spenden würden. Das hat mir sehr geholfen, weiter dran bleiben zu können. Während all dem dachte ich immer wieder an die vergangenen Monate und auch Jahre, was ich alles schon geschafft hatte und dass es egal war, welche Zeit am Ende auf der Uhr stand, weil ich schon so viel mehr erreicht hatte.
Mit meinem Traubenzucker im Mund gab ich mir selbst nochmal einen finalen Push und konnte die letzten Kilometer meines ersten Triathlon mit Lipödem gut absolvieren. Ich habe selbst gemerkt, dass ich trotz aller Widrigkeiten die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen hatte. Auch das war ein Tipp vieler Triathlet:innen im Vorhinein:
„Lächle und feiere jede Sekunde, was du da gerade tust“.
Als ich kurz vorm Zieleinlauf war, wurde ich von Fremden und meinem Mann nochmal richtig angefeuert.
Dann mobilisierte ich in einem gesunden Maß nochmal letzte Kräfte und sprang voller Freude und vor allem lauthals in das Ziel meines ersten Triathlon mit Lipödem! Ich hatte es wirklich geschafft. Ich war nun endlich und ganz offiziell eine Triathletin! Mit der Medaille am Hals konnte ich nicht anders als unendlich breit zu grinsen.
Auf der Uhr stand 1:44 Stunden und ich war happy, dass ich es zumindest noch sehr gut unter zwei Stunden geschafft hatte. Wie ich später feststellte, war ich durch den Rolling Start erst 9.05 Uhr in meinen ersten Triathlon mit Lipödem gestartet und hatte somit eine Gesamtzeit von 1:39 Stunden – boah ich sag’s dir, mein innerer Monk hat das so abgefeiert.
Aber wie ich halt so bin, war ich im Nachgang traurig, dass ich die 1:30 dann doch nicht geschafft hatte … Man man man. Warum bin ich eigentlich so? Aber ich konnte es dann schnell „verkraften“, vor allem als ich hörte, dass sehr viele abbrechen mussten bzw. umgekippt sind. Ich habe auf meinen Körper gehört, meine Grenzen beachtet und hätte noch mehr gekonnt, wenn das Wetter anders gewesen wäre. Das wichtigste war aber, dass ich ins Ziel meines ersten Triathlon mit Lipödem eingelaufen bin. Und wenn mehr als zwei Stunden gebraucht hätte, wäre es dennoch ein voller Erfolg gewesen.
Nachdem ich im Zielbereich war, habe ich mir erst mal ein schönes alkoholfreies Bier und Obst gegönnt. Als ich dann herauskam, wurde ich von meinem Mann und Freunden unendlich toll empfangen. Mit extra bedruckten Shirts überreichten sie mir eine selbst angefertigte Medaille mit der Aufschrift „Lipödem-Heldin #triathlonmitlipödem“ und ich konnte meine Emotionen nicht mehr zurückhalten.
Einige Tränen später war ich einfach nur unendlich glücklich. Der Support war nicht nur vor Ort der absolute Hammer, auch aus der Community kamen unendlich viele Nachrichten. Ich wurde für meinen ersten Triathlon mit Lipödem so gefeiert, als hätte ich die Weltmeisterschaften gewonnen und das bedeutet mir immer noch unendlich viel.
Danke nochmal an jede einzelne Nachricht von euch, das wird mir immer in Erinnerung bleiben.
Bildquelle: Sportfotografie Kutsche
Nun sind wir auch schon am Ende meines Berichtes zu meinem ersten Triathlon mit Lipödem, einem der bedeutsamsten Tage meines bisherigen Lebens, angekommen. Ich wurde direkt gefragt, ob ich am Triathlon dranbleibe bzw. wann ich denn den ersten Iron(wo)man starte. Zum ersten kann ich sagen: definitiv! Das zweite werden wir noch abwarten müssen. Um dafür zu trainieren bräuchte ich definitiv viel mehr Freizeit, die ich aktuell so leider gar nicht habe. Aber man weiß nie, was die Zukunft bringt.
Zwei weitere Fragen, die mir nach dem Triathlon am häufigsten gestellt wurden:
„Wie ging es dir körperlich nach dem Triathlon mit Lipödem?“
Von den Beinen sehr gut. Die Hitze hatte mich natürlich sehr geschlaucht, aber ich habe Dank der Flachstrick-Kompression an meinen Beinen beim Triathlon mit Lipödem alles im Griff. Ich hatte am Tag danach nur mit den Tränen zu kämpfen, weil ich meinem Körper für diese Leistung so unendlich dankbar war und dann tatsächlich selbst gemachter Druck von mir abfiel.
„War es sehr anstrengend, mit der Kompression zu schwimmen?“
Jein. Eigentlich hat sie mich an sich nicht gestört, aber ich hätte es vorher öfter üben sollen. Ich war leider nur einmal (am Tag vor dem Wettkampf) im See und bin da aber sehr langsam geschwommen, weil ich mit meiner Arbeitskollegin (die auch gestartet ist) dort war und wir viel gequatscht haben. An sich war der Druck auf den Beinen aber schon echt verstärkt, aber machbar. Die Wettkampf-Situation beim Triathlon mit Lipödem war in dem Moment einfach ungewohnt, zu dem war ich ja auch noch unendlich aufgeregt und naja. Ich war dann SEHR froh, als ich auf dem Rad saß, denn da fühlte ich mich so wohl. Hat mein Mann auch direkt in meinem Gesichtsausdruck gesehen, hihi.
Was dir dieser ausführliche Bericht meines Weges zum Ziel meines ersten Triathlon mit Lipödem sagen soll, ist vor allem dies: durch meine eigenen Erfahrungen, die vielen Schweißperlen und auch Tränen habe ich meine eigenen Grenzen ausgelotet. Dabei stellte ich ganz persönlich fest, dass ich so viel mehr kann, als ich teilweise gesagt bekam und auch selbst von mir dachte. Ausbrüche aus der Komfortzone sind schwer, aber jeder einzelne hat sich definitiv gelohnt.
Es ist egal, welches Ziel man vor Augen hat, es zählt dabei nur, dass man in seiner eigenen Geschwindigkeit und im Rahmen des möglichen nach und nach weiterkommt. Egal ob Triathlon mit Lipödem oder die ersten 2 km am Stück joggen.
Das Ziel vor Augen zu behalten ist nicht immer einfach, das Dranbleiben oft noch herausfordernder, aber ich verspreche dir, dass es sich lohnt. Nun bleibt mir nur noch dir das wichtigste mitzugeben, dass mir selbst auch bei sehr vielem geholfen hat:
Gib alles, außer auf.
Weiterführende Links
- Vanessas Motto „Gib alles, außer auf“ gibt es im Power Sprotte Shop als Spiegelaufkleber, T-Shirt und Trinkflasche.
- Wer noch mehr über Vanessa und ihren Weg mit dem Lipödem erfahren möchte, kann auf ihrer Website Rundundsportlich nachlesen.
Begriffserklärungen
Tri-Suit
„Ein Tri Suit ist ein spezieller Einteiler, den du für Wettbewerbe im Triathlon tragen kannst. Gefertigt aus schnelltrocknenden und leichten Materialien eignet er sich für alle drei Disziplinen – Schwimmen, Radfahren und Laufen – zugleich. Je nach Modell unterstützt dich dein Tri Suit vorrangig im Schwimmen durch eine kompakte Passform und Hydrodynamik. Sprich der Tri Suit nimmt wenig Wasser auf, trocknet sehr schnell wieder und fühlt sich an wie eine zweite Haut. Ebenso und/oder anderenfalls kann dein Tri Suit besondere aerodynamische Eigenschaften aufweisen und deine Radperformance verbessern. Grundsätzlich sollte dein Tri Suit das sein, was dein persönliches Triathlonerlebnis ausmacht. Das kann von einer Weltklasseleistung bis hin zum reinen sportlichen Genuss reichen.“
Quelle: Skinfit.eu
Rolling Start
„Die Athleten platzieren sich anhand ihrer geschätzten Schwimmzeit oder auf Anordnung der Veranstalter im Vorstartbereich. Alle 10 bis 30 Sekunden werden ein Athlet oder mehrere Athleten auf ihr Triathlon-Abenteuer geschickt. Der gesamte Start aller Teilnehmer wird mehrere Minuten dauern und soll das Teilnehmer-Feld beim Schwimmen und beim Radfahren entzerren. […] Der Zeitmesschip wird erst ausgelöst, wenn der Athlet bei seinem Start über die Zeitmessmatte läufst. Aufgrund der Startzeit hat kein Athlet einen Nachteil, auch wenn er als letzter Athlet bzw. als letzte Athletin startet.“
Quelle: trinews.at