BSG 06.11.2018: Genehmigungsfiktion bei nicht rechtzeitiger Unterrichtung über die Einschaltung des MDK

Das Bundessozialgericht hat in seiner letzten Sitzung am 06.11.2018 wieder zwei interessante Urteile zum Thema Genehmigungsfiktion gefällt (Aktenzeichen B 1 KR 30/18 R, vormals B 1 KR 3/17 R; Aktenzeichen B 1 KR 13/17 R). Es geht hier um die Konstellation, dass die Krankenkasse erst nach Ablauf der gesetzlichen Drei-Wochen-Frist über die Einschaltung des MDK unterrichtet. Oder dass ein Begutachtungstermin erst nach Ablauf der gesetzlichen Fünf-Wochen-Frist stattfindet.

Wenn Ihr meinen Artikel zur Genehmigungsfiktion gelesen habt, kennt Ihr noch die maßgeblichen zwei Fristen.

Genehmigungsfiktion bei nicht rechtzeitiger Unterrichtung über die Einschaltung des MDK der Krankenkasse über einen Leistungsantrag – drei Wochen ohne Einschaltung des MDK, fünf Wochen mit Einschaltung des MDK.

Hierzu muss von der betreffenden Kasse beachtet werden, dass eine Unterrichtung zeitnah stattzufinden hat. Dies klappt auch in den meisten Fällen. Aber es gab und gibt auch viele Fälle, bei denen eine Benachrichtigung erst nach der Drei-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3 a SGB V stattgefunden hat. Eine andere Fallgruppe betrifft die Konstellation, dass die Antragstellerin einen Begutachtungstermin beim MDK erst n a c h Fristablauf von fünf Wochen hatte. Hier war äußerst umstritten, ob in solchen Fällen eine Genehmigungsfiktion eintreten kann.

Die Krankenkassenseite und auch einige Stimmen in der Gerichtsbarkeit waren sich einig. Sie beriefen sich darauf, dass hier auf gar keinen Fall eine Fiktion zum Tragen kommt, da innerhalb der Frist entschieden worden sei. Bei einer Benachrichtigung nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist sei maßgeblich die Fünf-Wochen-Frist, also Entscheidung rechtzeitig. Klappe zu, Affe tot (wem diese Metapher zu hart ist, gebe ich zu bedenken, dass vor Gericht häufig mit sehr harten Bandagen gekämpft wird).

Begutachtung beim MDK nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist und ohne wirksame Fristverlängerung

Auch in dieser Konstellation sollte nach Auffassung einiger eine Fiktion nicht greifen. Die Frist würde sich mangels Begutachtungstermin automatisch verlängern.
Diesen Auffassungen ist der 1. Senat des Bundessozialgerichtes nunmehr entgegengetreten: Eine Unterrichtung über die Einschaltung des MDK hat innerhalb der Drei-Wochen-Frist stattzufinden. Begutachtungstermine nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist verlängern nicht automatisch die gesetzliche Frist.

Hier bitte beachten:

Wenn Gerichtsverfahren derzeit deshalb ruhen, können die Verfahren wiederaufgenommen werden.

Wenn Ihr einen Fall aus der Vergangenheit habt, dann kann dieser wieder aufgerollt werden kann durch einen Antrag gemäß § 44 SGB X.

Was auch noch interessant ist:

Das BSG bekräftigt im zweiten Fall seine Auffassung, dies dürfe von der Antragstellerin „subjektiv für erforderlich gehalten werden“. Hier wurde eine Brust- und Abdominalplastik sowie eine Liposuktion der Oberschenkel beantragt. Die Kassen berufen sich hier häufig darauf, dass dem Antragsteller etwas hätte klar sein müssen. Es handle sich nicht um eine Leistung, die von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden kann. Insofern wird vom BSG erneut bestätigt, dass auch Lipödempatientinnen ihre operativen Behandlungen für subjektiv erforderlich halten dürfen.

In diesem Sinne, mehr dazu und zu vielen weiteren Themen, auf diesem Blog,

Liebe Grüße,
Eure Ruth Leitenmaier.

ruth laitenmaier lipoedem mode rechtsanwaeltin

Author: Ruth Leitenmaier

Meine Schwerpunkte sind Sozial- und Medizinrecht, Steuerrecht, Erbrecht und Seniorenrecht. Ich bin selbst Lipödempatientin, im Jahr 2016 operiert und dankbar, einem nicht so guten Schicksal entronnen zu sein. Außer meiner Familie sind Kunst und Literatur meine steten Begleiter. Ich bin gerne in der freien Natur und habe meinen Ausgleich auch im Sport.

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  • Hallo,
    lieben Dank für diesen Bericht.
    Ich habe tatsächlich wegen Genehmigungsfiktion vor Gericht gewonnen, allerdings zweifelt die Barmer jetzt die Rechnungen der Lipoclinik an und wird müssen schon wieder vor Gericht. Das bevorstehende Urteil ist somit stark abhängig von dem Interesse des zuständigen Richters. Beschäftigt er sich mit dem Thema und den Rechnungen richtig, stehen die Chancen Recht gut. Hat er keine Lust, wieder sich auf bereits gefällte Urteile berufen und wir stehen trotz Genehmigungsfiktion ohne Geld da. Danach könnten wir die Lipoclinik verklagen und ob das dann gut aus ginge bleibt dahin gestellt.
    Es lebe die Barmer

  • thanks

    I find your column very informative,

    do you have something about applying for REHA?

    I think I saw a comment about this once – too much German for me today

    vielem dank für ihre hilfe

    cornelia