Liposuktion: Ruhensvereinbarung = Genehmigungsfiktion – echt jetzt?

Ruhende Verfahren sind nicht so ruhig wie es scheint Teil 2

Das folgende Schreiben ist so lang und mühsam zu lesen? Möglich. Bitte die Patientinnen bei der Kasse „mit dem großen T“ trotzdem aufmerksam lesen.


„Ihr Antrag auf Kostenübernahme für eine Liposuktion

Sehr geehrte Frau ….,

die derzeit geltende Rechtslage erlaubt uns allerdings keine Kostenübernahme der beantragten Liposuktion. Deshalb müssten wir zum jetzigen Zeitpunkt Ihren Antrag ablehnen.

Allerdings prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) derzeit, ob die Kosten der Liposuktion bei Lipödem durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden können. Dies kann bedeuten, dass wir zukünftig für diese Behandlungsmethode die Kosten tragen dürfen. Hierfür muss aber ein entsprechender positiver Beschluss des G-BA erst einmal rechtskräftig werden. Solange dieser nicht vorliegt, muss Ihr Antrag – wie bereits erläutert – abgelehnt werden.

Wir möchten jedoch, dass Sie von einer denkbaren positiven Entscheidung des vorgenannten Gremiums profitieren. Deshalb schlagen wir Ihnen folgendes Vorgehen vor:

Sie stimmen mit beigefügter Erklärung einem Ruhen des Antrags zu.

  • Sofern der G-BA zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Kosten für Liposuktionen durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu übernehmen sind, würden wir diese Entscheidung auch für die von Ihnen jetzt beantragte Behandlung berücksichtigen. Wir würden also die Kosten auch rückwirkend übernehmen.
  • Sollte der G-BA hingegen feststellen, dass eine Anerkennung des therapeutischen Nutzens der Methode sowie deren medizinische Notwendig- und Wirtschaftlichkeit nicht festgestellt werden kann, würde Ihr Antrags- bzw. Widerspruchsverfahren – wenn Sie dies wünschen – weitergeführt.

Sofern Sie unseren Vorschlag zustimmen, entstehen Ihnen also keinerlei Nachteile. Selbstverständlich werden wir Sie umgehend nach Bekanntgabe der Entscheidung des G-BA über deren Inhalt und das weitere Vorgehen informieren.

Mit freundlichen Grüßen

…….“


Diesem Schreiben folgte häufig eine solche Ruhensvereinbarung:

„Hiermit erklären die Beteiligten im Antrag auf Kostenübernahme einer Liposuktion das Ruhen des Verwaltungsverfahrens. Durch das Ruhen des Verwaltungsverfahrens gehen keine etwaigen Ansprüche verloren.“

In dieser Art und Weise und ein paar Abwandlungen hat die Kasse „mit dem großen T“ in den Jahren 2015 bis ca. Juli 2017 den Patientinnen, welche Leistungsanträge zur Gewährung einer operativen Therapie bei Lipödem gestellt haben, einen Vorschlag zur Ruhendstellung des Verfahrens gemacht. Viele haben diesen Vorschlag angenommen, einige wiederum nicht. Aktuell werden einige dieser Verfahren in ein Widerspruchsverfahren überführt.

Mögliche Genehmigungsfiktion –Was ist zu tun?

Es gibt im Sozialrecht eine Verjährung von vier Jahren. So lange kann z. B. ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X rückwirkend gestellt werden.

Alle Patientinnen, die eine solche Ruhensvereinbarung zu Gesicht bekommen haben, sollten sich hier überlegen, ob entweder ein Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X gestellt wird oder aber bei einem (aktuellen) Ablehnungsbescheid ein Widerspruch eingelegt wird; auch bei einer bereits verstrichenen Widerspruchsfrist kann eine Wiederaufrollung des Verfahrens interessant sein.

Denn: In fast allen dieser Fälle liegt eine Genehmigungsfiktion vor (!), da keine abschließende Entscheidung getroffen wurde (SG Trier, Az. S 1 KR 237/16; Auffassung bestätigt durch LSG Rheinland-Pfalz, L 5 KR 18/18).

Bitte hierzu auch meinen Genehmigungsfiktion-Artikel im Lipödem Mode-Jurablog „Ruhende Verfahren sind nicht so ruhig wie es scheint“ lesen.

Wichtig:

Und – bitte insbesondere bei Anträgen, welche ab ca. Mitte April 2015 gestellt wurden, dringend a) Überprüfungsantrag stellen oder b) bei Aufhebung des Ruhens mit Ablehnungsbescheid einen Widerspruch einlegen. Dieser muss nicht sogleich begründet werden. Denn wir erinnern uns: Entscheidet die Krankenkasse nicht innerhalb der gesetzlichen Frist über einen Antrag, gilt dieser als genehmigt (§ 13 Abs. 3 a SGB V), die Kosten sind zu übernehmen bzw. zu erstatten.

Eure
Rechtsanwältin Ruth Leitenmaier

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Author: Ruth Leitenmaier

Meine Schwerpunkte sind Sozial- und Medizinrecht, Steuerrecht, Erbrecht und Seniorenrecht. Ich bin selbst Lipödempatientin, im Jahr 2016 operiert und dankbar, einem nicht so guten Schicksal entronnen zu sein. Außer meiner Familie sind Kunst und Literatur meine steten Begleiter. Ich bin gerne in der freien Natur und habe meinen Ausgleich auch im Sport.

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  • Hallo!
    Bei mir wurde nach dem Widerspruch abgelehnt und dann aeine Ruhensvereinbarung angeboten. Dieser ruht nun bis ich das Widerspruchsverfahren aufnehme. Dann müsste ich Klage einreichen. Jedoch habe ich in seit 2016 alles ruhen lassen. Ich denke bei mir greift nicht die Genehmigungsfiktion.
    Liebe Grüße
    Stephie

    • Hallo!
      Auch ich habe im Januar 2017 eine Ruhensvereinbarung für mein Widerspruchsverfahren unterschrieben. Aktuell habe ich nun ein Schreiben von der TK bekommen, dass das Ruheverfahren beendet wird. Ich könne abwarten und nix tun, dann wird mir ein klagecähiger Bescheid zugestellt, oder aber ich kann meinen Widerspruch aufrecht erhalten und soll meine Rechnungen der bereits stattgefundenen Lipos (6 Stück) einreichen. Ich bin durch diesen Artikel jetzt total verunsichert, ob bei mir evtl eine Genehmigungsfiktion vorliegt. Das Ruheverfahren kam ja erst im Widerspruchsverfahren und nicht direkt bei der Antragstellung… Kann mich jemand aufklären?
      Herzliche Grüße, Claudia